Baufinanzierung ohne Eigenkapital
Bei der Immobilienfinanzierung wird in eine 100-Prozent- und in eine Vollfinanzierung unterschieden. Während bei der erstgenannten Finanzierung lediglich der reine Kaufpreis bzw. die Baukosten abgedeckt sind, sind bei der Vollfinanzierung auch die Nebenkosten enthalten. Das heißt, Notarkosten, Bearbeitungsgebühren oder Grunderwerbssteuern werden ebenfalls finanziert.
Vorteil einer Vollfinanzierung: Bei einer Vollfinanzierung ohne Eigenkapital bleibt die eigene Liquidität komplett erhalten und so können unvorhergesehene Ausgaben getätigt werden. Bis vor einigen Jahren musste der Bauherr oder Hauskäufer mindestens 20 Prozent Eigenkapital aufbringen. Zusätzlich musste er die Nebenkosten finanzieren. Diese Vorgabe bleibt empfehlenswert, allerdings gibt es inzwischen viele Finanzinstitute, die eine Vollfinanzierung anbieten.
Bei einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital müssen Sie mit teilweise hohen Zinsaufschlägen rechnen. Unser Baufinanzierungsrechner zeigt Ihnen, mit welchen Zinssätzen Sie bei einer Vollfinanzierung rechnen müssen. Zinsaufschläge von 50 bis 80 Prozent sind keine Seltenheit, wie auch unsere Berechnungen weiter unten auf dieser Seite zeigen.
Welche Anbieter derzeit besonders günstige Zinsen für eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital haben, zeigt unser Vergleich:
Inhaltsverzeichnis
- Wie funktioniert die Baufinanzierung ohne Eigenkapital?
- Wie teuer ist eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital?
- Kosten der Immobilienkredite in Deutschland
- Zielgruppe der Banken und positive Aspekte
- Welche negativen Punkte gibt es zu bedenken und welche Probleme können auftreten?
- Tipps für Bauherren
- Kaufnebenkosten berechnen
Wie funktioniert die Baufinanzierung ohne Eigenkapital?
Je nach Bank sind die Auflagen, die ein Kreditnehmer bei einer Vollfinanzierung einhalten muss, unterschiedlich hoch. Vorzuweisen sind in jedem Fall eine sicheres Einkommen, welches überdies angemessen hoch sein sollte. Wer als Freiberufler oder Selbstständiger nach einer Vollfinanzierung fragt, muss meist noch höhere Anforderungen erfüllen, als z. B. ein Angestellter. Als Grenze für die mögliche Finanzierungshöhe wird das Einkommen gesetzt. Meist kann ein Kredit bis zum neunfachen des Nettoeinkommens eines Jahres vergeben werden.
Bei der Baufinanzierung ohne Eigenkapital gibt es zwei Rückzahlungsvarianten: Zum einen wird die Finanzierung über ein Annuitätendarlehen vorgenommen. Hier bleibt die monatlich zu zahlende Rate immer in gleicher Höhe bestehen – zumindest so lange, wie sich der Sollzinssatz nicht verändert. Die Anteile von Tilgung und Zins werden sich im Laufe der Jahre aber verschieben. Der Anteil der Zinsen verhält sich rückläufig, der Anteil der Tilgung hingegen zunehmend.
Die zweite Form ist das Festdarlehen mit der sogenannten Tilgungsersatzleistung. Hier werden die Zinsen in einer gleich bleibenden monatlichen Rate an die Bank gezahlt. Auch dabei gilt, dass dies nur so lange möglich ist, wie sich der Sollzinssatz nicht verändert. Der Anteil, der für die Tilgung aufgebracht werden müsste, wird in eine Lebensversicherung eingezahlt. Diese wiederum wird am Ende der Laufzeit des Darlehens ausgezahlt und damit wird der Kredit getilgt. Positiv ist, dass sich der Kreditnehmer die Zinsen zu Nutze machen kann, die in der Lebensversicherung gezahlt werden.
Wie teuer ist eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital?
Wie hoch die Risikoaufschläge der Banken bei einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital sind, zeigt ein Beispiel: Wir wollen eine Wohnung für 400.000 Euro kaufen und interessieren uns für eine Baufinanzierung mit 20 Jahren Sollzinsbindung. Die Anfängliche tilgung beträgt drei Prozent. Nachgerechnet haben wir mit den Daten der Interhyp AG (Stand: 20.09.2021).
Während bei einer Finanzierungssumme von 50 Prozent des Objektwertes nur 1,02 Prozent gebundener Sollzins zu Buche stehen, erhöht sich der beste Zinssatz bei einem Finanzierungsanteil von 75 Prozent des Objektwertes bereits um ca 23 Prozent auf 1,26 Prozent gebundener Sollzins. Richtig teuer wird es dann bei der Vollfinanzierung, also der Finanzierung ohne Eigenkapital: auf stolze 3,43 Prozent steigt der gebundene Sollzins. Das sind 172,22 Prozent mehr als bei einer Finanzierung von 75 Prozent des Kaufpreises und ganze 236,27 Prozent mehr als bei einer Finanzierung von 50 Prozent des Kaufpreises.
Alle Daten zu unserem Beispiel tabellarisch aufbereitet:
Darlehen | 200.000 EUR | 300.000 EUR | 400.000 EUR |
---|---|---|---|
Objektwert | 400.000 EUR | 400.000 EUR | 400.000 EUR |
Nebenkosten * | 22.000 EUR | 22.000 EUR | 22.000 EUR |
Sollzinsbindung | 20 Jahre | 20 Jahre | 20 Jahre |
Gebundener Sollzinssatz | 1,02% | 1,26% | 3,43% |
Effektiver Jahreszins | 1,04% | 1,27% | 3,51% |
Monatliche Rate | 743,70 EUR | 1.143,10 EUR | 2.261,22 EUR |
Anteil des Darlehens am Kaufpreis | 50% | 75% | 100% |
Zinsaufschlag | 23,53% | 172,22% | |
Restschuld am Laufzeitende | 74.310 EUR |
102.407 EUR | 58.877 EUR |
* Grunderwerbssteuer + Notar- und Grundbuchgebühren, keine Maklergebühren |
Stand: 20.09.2021, Quelle: eigene Berechnungen, Interhyp AG
Die Zinsen für eine Baufinanzierung werden nach dem so genannten Beleihungsauslauf gestaffelt, also dem Anteil des Darlehens am Wert der Immobilie. Die besten Zinsen gibt es dabei in der Regel nur bei einem Beleihungsauslauf von bis zu 60 Prozent der Immobilie. 40 Prozent sollten also in Form von Eigenmitteln vorhanden sein. Anstelle des Beleihungsauslaufes geben viele Banken und Vermittler auch den so genannten Beleihungswert an. Der liegt bei einer selbst genutzten Immobilie etwa zehn Prozent unter dem Kaufpreis. Somit würden 60 Prozent Beleihungswert also etwa 54 Prozent des Kaufpreises oder Beleihungsauslaufs entsprechen.
Eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital ist ungleich teurer als eine mit entsprechendem Eigenkapital. Finanzieren Sie daher nur entweder mit genügend Eigenkapital oder ohne Eigenkapital, wenn Sie sich die deutlich höheren Monatsraten langfristig auch leisten können. Versuchen Sie, nicht mehr als 75 oder 80 Prozent des Kaufpreises zu finanzieren, um zu hohe Zinsaufschläge zu vermeiden. Unser Einnahmen-Ausgaben Rechner hilft Ihnen, bei der Ermittlung Ihres monatlich frei verfügbaren Kapitals.
Kosten der Immobilienkredite in Deutschland
Check24 veröffentlichte im Jahr 2019 Studienergebnisse zu den angefragten Kreditsummen zur Baufinanzierung in Deutschland. Die Studie zeigt, in welchen Bundesländern die durchschnittlich aufgenommen Darlehen am höchsten bzw. am niedrigsten waren. Daraus lässt sich ableiten, welche Standorte teurer oder günstiger sind.
Natürlich spielt auch die Einkommenstruktur eine gewichtige Rolle, dennoch sagt die Studie viel aus. Zum Beispiel, dass die Darlehensbeträge in Hamburg am höchsten waren und sich im Schnitt jeder Hausbauer und Wohnungskäufer dort mehr als 384.000 Euro lieh.
Bundesland | Euro* |
---|---|
Hamburg | 384.000 |
Bayern | 347.000 |
Berlin | 327.000 | Baden-Württemberg | 316.000 |
Hessen | 309.000 |
Nordrhein-Westfalen | 263.000 |
Schleswig-Holstein | 262.000 |
Brandenburg | 250.000 |
Rheinland-Pfalz | 247.000 |
Bremen | 236.000 |
Niedersachsen | 236.000 |
Mecklenburg-Vorpommern | 212.000 |
Sachsen | 205.000 |
Saarland | 201.000 |
Thüringen | 187.000 |
Sachsen-Anhalt | 180.000 |
*Durchschnittliche Finanzierungssumme bei Immobilienkrediten 2017
Zielgruppe der Banken und positive Aspekte
Junge Familien sind eine der Zielgruppen, die bei Banken für eine in Frage kommen. Weshalb? Familien verfügen meist über ein gutes Einkommen, haben aber in der Regel noch keine relevanten Rücklagen gebildet. Das wenige Ersparte wird eher für unvorhergesehene Ausgaben eingeplant. Bei einer Vollfinanzierung bleibt dieser Spielraum bestehen, z. B. wenn Reparaturen am Haus vorzunehmen sind.
Der Vorteil an einer Vollfinanzierung ist neben der bleibenden Liquidität, dass sich Bau- oder Kaufwillige schneller zum Kauf entscheiden können und nicht erst viele Jahre warten müssen, ehe sie Wohneigentum erwerben. Der Traum vom eigenen Haus kann bereits in jungen Jahren Wirklichkeit werden und niemand muss warten, bis er einige zehntausende Euro als Eigenkapital angespart hat. Bei einem Betrag von 250.000 Euro für den Hauskauf sind 20 % (das empfohlene Eigenkapital) beispielsweise 50.000 Euro.
Welche negativen Punkte gibt es zu bedenken und welche Probleme können auftreten?
Die Zinsen für eine Vollfinanzierung sind vergleichsweise hoch, da die Banken sich das höhere Risiko des fehlenden Eigenkapitals – und damit eines Teils der üblichen Sicherheiten – durch die Zinsen bezahlen lassen. Zudem ist die Belastung in der Tilgung höher, denn die Raten müssen höher angesetzt werden. Schließlich wird mehr Geld verliehen, die Tilgungsdauer ist aber nicht unendlich dehnbar.
Tipps für Bauherren
Ohne ein sicheres Einkommen in einer für die Banken ausreichenden Höhe ist eine Vollfinanzierung absolute Utopie. Keine Bank ist so großzügig Geld zu verleihen, wenn die Rückzahlungen zweifelhaft sind. Wichtig ist daher, dass das höhere Einkommen auch in den nächsten Jahren noch fließen wird. Vorteilhaft ist es ebenfalls, wenn wenigstens die Nebenkosten durch Eigenkapital gedeckt werden können. Alles, was über die 100 Prozent hinausgeht, wird mit noch höheren Zinsen belastet. Die Höhe der Nebenkosten kann individuell mithilfe unseres Kaufnebenkosten-Rechners ermittelt werden: